Die Folgen für die Kultur und Künste, die sich seit Mitte der 1950er Jahre unter dem Vorzeichen von Pop konsolidieren, sind gravierend: Popkultur ist die allgemeine Kultur des Globalkapitalismus, und zwar gerade in der »Pop«-spezifischen Vermittlung von Ökonomie und Ästhetik beziehungsweise in der »Pop«-spezifischen Vermittlung von abstrakter Kapitallogik und konkretem Alltagsleben, Tauschwert versus Gebrauchswert (und man kann hinzusetzen: versus Gebrauchswertversprechen). »Pop« wird gesellschaftlich ubiquitär, und dies insbesondere im Bereich der Musik. Musik ist als sich mehr und mehr ausdifferenzierende so genannte populäre Musik im Medienverbund vor allem mit Film und Fernsehen einer enormen Kommerzialisierung und Kommodifizierung unterworfen, obwohl (oder gerade weil) sie ihren gesellschaftlichen Ausdruck in zahlreichen – »subversiv«, »dissident«, »provokativ« agierenden oder als derart interpretierten – Jugendsubkulturen hat. Das System der Kulturindustrie weitet sich in alle gesellschaftlichen, schließlich privaten Lebensbereiche aus – und dies weitgehend im Schein von »ästhetischen« wie auch »politischen« Strategien der Selbstermächtigung und Widerständigkeit: Gesellschaftlicher Konformismus erscheint als kultureller Nonkonformismus – ohne dass dieser Widerspruch für Irritationen sorgt (vielmehr erweist sich gerade an den sozialen Überformungen der Popkultur, dass und wie der Kapitalismus in der Lage ist, selbst noch die radikalsten Gegenkräfte zu integrieren und sich schließlich sogar zunutze zu machen).
Paradigmatisch dafür sind etwa das Woodstock-Festival oder Supergroups wie Led Zeppelin, Yes, The Who, Pink Floyd etc. Ebenso aber auch die Wandlungen der Unterhaltungsmusik (Schlager) und die technische Erweiterung der Distributionskanäle (Radio, Musik im Fernsehen als programmstrukturierend, Hi-Fi, Stereo, Musik als integraler Bestandteil der individuellen Lebensgestaltung: Style, Geschmack, Fantum, Distinktion etc.).
Ebenso paradigmatisch werden soziale und technische »Fortschritte« des Spätkapitalismus; in Stichworten: Die Schallplattenindustrie löst sich bereits in den 1950ern von der Filmindustrie; ökonomische Verbindung von Labels und Abspielgeräteherstellung; lebensweltliche Rückkopplung von Konsum, Technik, Ästhetik (»Sound«); Musikfernsehen, neue Formate (LP, CD), schließlich »mikroelektronische Revolution«, Digitalisierung und Computerisierung seit den 1980ern.
Die Ausweitung und Ausdifferenzierung des Musikbetriebs betrifft insofern auch die Kulturindustrie als Popkulturindustrie: Sie wird einerseits als »Industrie« verdichtet, stabilisiert und konzentriert in einem Konglomerat von Groß- und Einzelunternehmen, andererseits als »Kultur« zur allgemeinen Struktur des »whole way of life«.
Überdies verschränken sich Genres, Inhalte und Formen zum Medienverbund: Einerseits kann von einer Pluralisierung (und Individualisierung) der Kulturindustrie gesprochen werden (Punk, Disco, ›Star Wars‹, ›Dallas‹, Computerspiele, Techno, New Wave, ›Indiana Jones‹, ›Tatort‹, Kinderfernsehen etc.), die andererseits allerdings eine nachhaltige Bindung an – beschränkte, geschlossene – Programmsparten bedeutet (dies ökonomisch im Kontext der massiven Privatisierung bisher »öffentlich-rechtlicher« Bereiche der »Kultur«).
Ideologisch ist diese Entwicklung des Pop zur allgemeinen, allgegenwärtigen Kultur vom Umschlag der Moderne zur Postmoderne begleitet; ein Umschlag, der sich auch in der Theorie bemerkbar macht und schließlich den epistemologischen wie ökonomischen Boden bereitet für die Etablierung der heutigen Kultur- und Medienwissenschaften, die sich mit Phänomenen des Pop im weitesten Sinne beschäftigen.
Im Spiegel des Zeitstrahls »Fünfzig Jahre Achtundsechzig« ergibt sich insofern für eine Tagung ein großes Themenfeld, das in seiner Breite und Weite ausgeleuchtet werden kann, darf und sollte; historische Beiträge sind dabei ebenso willkommen wie systematische. Dazu in Stichpunkten einige Hinweise, Thesen, Fragen und Vorschläge:
Schließlich:
Roger Behrens und Olaf Sanders
E-Mail: popkongress2018
Die Jahrestagung der AG Populärkultur und Medien wird von der Helmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr Hamburg ausgerichtet: hier (öffnet neue Seite).
Helmut-Schmidt-Universität /
Universität der Bundeswehr Hamburg
Holstenhofweg 85
22043 Hamburg
Der Fokus des Panels liegt auf den jeweils spezifischen Herausforderungen, die sich bei der Durchführung einer Qualifikationsarbeit ergeben und soll insbesondere offene Fragen, theoretische, methodische und/oder konzeptionelle Herausforderungen thematisieren. Das wesentliche Ziel ist der problemzentrierte, konstruktive, kollegiale und lösungsorientierte Austausch über spezifische Probleme der vorgestellten Work-in-progress-Projekte.
Um diesem Austausch mehr Raum zu geben, als es im Rahmen üblicher Vortrags- und Diskussionsformate möglich ist, ist der Workshop in zwei Phasen strukturiert:
Phase 1: Jeweils 10-minütige problemzentrierte Vorträge der Workshop-Teilnehmer_innen
Phase 2: Gezielter Austausch in ca. 20-minütigen offenen Gruppengesprächen über die referierten Themen, Fragestellungen, Herausforderungen und Probleme.
Organisation:
Sandra Mauler,
Katja Kaufmann,
Frank Beiler
Der Forschungs-Workshop ist ein grundsätzliches Angebot der AG Populärkultur und Medien. Einreichungen in diesem Rahmen sind daher ausdrücklich nicht an das Thema der Jahrestagung gebunden, sondern können aus dem gesamten thematischen Spektrum der Populären und Pop-Kultur stammen. Die Teilnahme am Forschungsworkshop ist kostenlos und unabhängig von einer Teilnahme am Popkongress. Wir empfehlen jedoch die Teilnahme an der Jahrestagung, nicht zuletzt, um dem Netzwerkgedanken Rechnung zu tragen.
Ein maximal 2-3 seitiges Proposal mit kurzem Lebenslauf, in dem das Thema, der Stand der Arbeit sowie die konkreten theoretischen, konzeptionellen und/oder methodischen Herausforderungen, die besprochen werden sollen, skizziert werden, bitten wir bis zum 1. Dezember 2017 an forschungsworkshop zu senden.